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Montag, 30. August 2010

Die Möwe Jonathan - Keineswegs die beste Erinnerung an ein Buch

Selbstentwicklung und Selbstverwirklichung nach Art einer amerikanischen Fast-Food-Kette! – An die meisten Bücher, die ich irgendwann mal mit einer gewissen Begeisterung gelesen habe, erinnere ich mich gut und gern. Aber wie heißt es doch so schön? „Erstens ist es anders und zweitens als man denkt.“ – Oder so ähnlich! – Heute bekam ich einen Anruf, bei dem mich der Anrufer fragte, ob ich das Buch, Die Möwe Jonathan, hätte, und ob ich es vielleicht für einen Bekannten auflesen würde. Ich habe das Buch noch. Aber ich kann es nicht auflesen, weil ich kein Aufnahmegerät mer habe. Bei dem Gespräch musste ich gestehen, dass ich das Buch vor 28 Jahren gelesen hatte, gleich mehrfach hintereinander auf Kassette, dass ich es auch zweimal als Geschenkausgabe mit Flugkarten darin verschenkt habe, es dann aber nie mehr gelesen habe. Eben habe ich es dann in meiner Punktschriftversion noch einmal gelesen. Das dauert keine 90 Minuten und war enttäuscht.

Die Möwe Jonathan ist eine Möwe, die nicht mehr nur zwischen Futterquellen und Schlafplatz hin und her fliegen will. Das ist Fliegen für Arme. Jonathan möchte die Flugtechniken aller Vögel lernen und sich selbst weiterentwickeln. Die anderen Möwen verstehen ihn nicht und stoßen ihn nach einem Flugunfall aus dem Schwarm aus. Allein lernt er alle Arten zu fliegen und wird in eine andere Sphäre versetzt, wo er irgendwann noch eine Läuterung erfährt und als Lehrer und Meister in die normale Welt der Möwen zurückkehrt.

Die Geschichte dieser Selbstentwicklung und Selbstverwirklichung ist locker, schnell und kurz von Richard Bach erzählt. Das ist ganz nett. Und es lässt sich locker, schnell und kurz lesen. Und da hört es heute für mich mit dem Lob auch schon auf. Vor 28 Jahren, als ich 16 Jahre alt war, wasr das anders. Das war so ein Alter, und das war so eine Zeit, da tröstete und half vieles, was Selbstentwicklung und –befreiung versprach. Und die Begeisterung hielt bei mir schon damals nicht lange an. Die Fliegerei als allgemeines Symbol für Freiheit, Befreiung und Entwicklung war und ist mir bekannt. Aber das Fliegen hat für mich persönlich diese Symbolkraft nicht. Dazu bin ich zugegebenermaßen zu geerdet und war es wahrscheinlich damals auch schon. Mich beschleicht der Verdacht, dass Bach die Fliegerei als Thema überhaupt nur deshalb für diese Geschichte einer gelungenen Selbstentwicklung genommen hat, weil das Fliegen als allgemeines Symbol so aufgeladen ist, dass man die Geschichte überhaupt nur so locker, schnell und kurz erzählen kann. Mich beschleicht außerdem ein deutlicher Zweifel, dass Die Geschichte einer gelungenen Selbstverwirklichung und Selbstentwicklung, die tragfähig für das weitere Leben ist, so locker, schnell und kurz erzählen kann. Mir ist z. B. verdächtig wie Locker, schnell und kurz Bach über die Jonathans Verstoßung aus dem Schwarm hinweg geht. Mir geht es mit diesem Lesefutter wie mit Gerichten aus einem Schnellrestaurant. Ich kann das schnell und einfach lesen, bin auch erst einmal zufrieden, aber das hält nur ganz kurz an und dann kommt der Appetit auf wans anderes, weil ganz schnell auch die Bedenken und Zweifel kommen. Aber für Flugbegeisterte hat es bestimmt was! Also, viel Spaß beim Lesen!

Leselöwin44

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