Meine Besucher

Sonntag, 5. September 2010

Autorenratgeber, meine Personen und ich

Tach zusammen,

Manchmal macht man sich so seine Gedanken und vielleicht gibt es doch jemanden, der mich versteht, obwohl es einfach nur so aus dem Handgelenk geschrieben ist. Ich lese verschiedene Newsletter für Autoren und manchmal lösen sie Gedanken über das Schreiben aus. Hier nun ein Beispiel, wie das so gehen kann. Um ein Schriftsteller zu sein, reicht es nicht, wie ein Schriftsteller zu schreiben. Man muss Schriftsteller werden! – So oder so ähnlich begann der letzte Newsletter des Autoren-haus-Verlages, den ich absichtlich nicht behalten habe. Den genauen Wortlaut, der als Einleitung für die Vorstellung des Buches Schriftsteller werden, dem wahren Klassiker der Autorenratgeber habe ich auch nicht im Kopf behalten. Ich war und bin mit dem Sinn dieser Einleitung vollkommen bedient. Selbstverständlich werden in diesem Buch viele gute Tipps für die Arbeit- und die Arbeitshaltung eines Schriftstellers beschrieben sein. Das Buch ist nicht umsonst seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts immer wieder aufgelegt worden. Und ich hoffe, es wird noch vielen, die Schriftsteller werden möchten, hilfreiche Informationen geben. Aber ich für meinen Teil werde es nicht lesen. Denn ich habe für mich, nicht nur bezogen auf das Schreiben, eine Ratgeber freie Zeit ausgerufen.

Man soll nicht hochmütig und immer offen sein. Irgendwann muss es aber auch mal gut sein! Und es kommt die Zeit des Schaffens. Und es gibt Autorenratgeber wie Sand am Meer. Und ich habe keine Lust mehr, die wenige Zeit, die mir überhaupt für das eigene Schreiben bleibt, mit der Auswahl von Ratgebern zu verbringen, die bestimmt alle ganz wichtig und bedeutend sind, jedenfalls, wenn man die vielen Werbeanzeigen liest. Ich habe mir viele Schreibtipps zu Herzen genommen und wende sie an. Aber was die innere und äußere Haltung, die die Ausstrahlung einer Schriftsteller Existenz ausmacht, bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass bei mir Hopfen und Malz verloren ist. Ich bin jetzt Mitte vierzig und blicke auf eine lange Liste von nicht erfüllten Rollenvorstellungen zurück. Aber das führt hier zu weit. Es gibt auch so viel, dem ich nicht genüge.

Da ich mir doch viele Tipps zu Herzen genommen habe, z. B., was die Regelmäßigkeit des Schreibens betrifft, stehen die Chancen nicht schlecht, dass das Buch, an dem ich arbeite, wie geplant Ende des Jahres in der Rohfassung fertig wird. Und da in diesem Werk das Schreiben eines Schriftstellers vermutlich verwirklicht ist, kann es sogar sein, dass es veröffentlicht ist. Aber ich gebe mich nicht der Illusion hin, dass ich dadurch Eine Schriftstellerin werde, jedenfalls nicht im klassischen Sinn. Das lässt sich z. B. an dem Verhältnis zeigen, das ich zu den Personen in meinen Geschichten und in meinem Buch habe. In dem Buch der Besuch des Schriftstellers von Jostein Gaarder werden die Figuren, die ein Schriftsteller erfindet plötzlich eigen- und selbstständig. Sie widersetzen sich seinem Willen. Dass fiktive Personen plötzlich ihr Eigenleben entwickeln und selbstständig werden, ist so, wie viele Autoren das Verhältnis zu ihren Personen erleben. Und es entspricht der Vorstellung der Leser. Und ich mag diese Geschichten vor allem in der Lesung von Hannelore Hoger wirklich gern.

Aber ich erlebe die Beziehung zu meinen Personen überhaupt nicht so. Warum sollten sie plötzlich eigen- und selbstständig werden, wenn sie es doch von Anfang an sind? Natürlich gibt es plötzliche Wendungen im Verhalten meiner Personen. Und diese überraschen mich auch und versetzen mich in vollkommen guter Weise in Staunen. Aber ich denke nie: „Da macht jetzt plötzlich jemand, was er will. Da entwickelt jemand sein Eigenleben usw.“ Ich denke,: „Warum bin ich da nicht früher drauf gekommen. – Entschuldigung, dass ich das übersehen habe etc.“ Und natürlich können wir uns vortrefflich streiten. Und es ist natürlich ach so, wie es immer ist, wo gearbeitet und zusammengearbeitet wird, es passieren Fehler, die manchmal erst später deutlich werden und ausgemerzt werden müssen. Ich lebe gern mit ihnen zusammen. Und sie entwickeln sich im Verlauf der Zeit auch, gerade weil sie von Anfang an eigen- und selbstständige Charaktere sind, wie sie im Buche stehen können. Ich lebe nicht nur gern sondern auch gut mit ihnen, denn ich darf immer mehr lernen und staunen. Und darum vermisse ich in dieser Hinsicht auch nichts.

Die Beziehung zu meinen Personen ist nur eines von vielen Dingen, in denen ich wohl nicht so bin und erlebe, wie es sich für einen Schriftsteller eigentlich gehört. Wie ihr lest, mache ich mir natürlich immer wieder Gedanken darüber. Aber man muss sich mit dem zufrieden geben, was man hat. Und Entwicklungsmöglichkeiten gibt es, da ich schreibe, was die wichtigste Voraussetzung für das Schreiben ist, immer.Und spät berufen bin ich , weil ich ja erst vor kurzem wirklich angefangen habe, das zu tun, was ich wollte, schreiben. Und es kann natürlich sein, dass in der Schreibwelt, die auch auf jung und schnell macht, kein Platz für spät berufene Autorinnen ist, die kein geniales oder fremdgesteuertes Verhältnis zu den Personen ihrer Geschichten haben. Aber wer weiß?
Ich wünsche Euch viel Vergnügen beim Lesen und beim Schreiben!

Liebe Grüße

Leselöwin44

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen